20. Ausschreibung
"Die Predigt der Zukunft kann durch Qualität überzeugen" – Theologen der Universität Bonn verleihen den ökumenischen Predigtpreis 2019.
Preisträger*innen sind: in der Kategorie "Lebenswerk" Prof. (i.R.) Dr. Erich Garhammer (Würzburg), in der Kategorie "Beste aktuelle Predigt" Regina Laudage-Kleeberg (Essen), zusätzlich in der Kategorie "Die junge Predigt" Magdalena Prinzler (Karlsruhe) und Daniel Steigerwald (Heidelberg).
Anmeldung und Zeitraum
Datum
20. November 2019
ab 11:00 Uhr
Um Anmeldung wird gebeten: g.mandt@uni-bonn.de (Sekretariat Prof. Dr. Eberhard Hauschildt)
Preisverleihung 2019
„Wir müssen uns um die Zukunft guter Predigt keine Sorgen machen. Was an Quantität nicht mehr da sein wird wie früher, dem wird hier durch Qualität etwas entgegengesetzt.“ So drückt es der Jury-Vorsitzende und evangelische Theologieprofessor Prof. Eberhard Hauschildt bei der Feier zur Übergabe der Preise in der Schlosskirche im Hauptgebäude der Universität aus. Die Jury, zu der auch seine Kollegen Prof. Bert Roebben (kath.-theol. Fakultät) und Prof. Andreas Krebs (altkath. Seminar) gehören, hatte aus 120 Predigten die besten ausgewählt: weil sie nicht nur gekonnt, sondern auch überraschend gestaltet waren – dabei auf eine biblische Erzählung genauso bezogen wie verständlich und konsequent gegenwartserhellend. Und es zeigte sich, dass in dieser Auswahl sich ein hoher Anteil von solch christlichen Reden befand, die junge Personen verfasst hatten.
Zur Urkunde gab es einen Rosenstock, symbol nicht nur für die Liebe, sondern, wie die Jury fand, auch für Predigt als etwas Lebendiges in der Zeit, genährt vom biblischem Boden, aus dem sie wächst, in Luft und Sonnenlicht der Gegenwart gewachsen, mit auffallenden Blüten, ohne dass nicht auch Kritisch-Rauhes und Dornen fehl am Platze wären.
Zur „Besten Predigt 2019“ wurde die Predigt von Regina Laudage-Kleeberg gekürt, zweitjüngste Preisträgerin in dieser Kategorie. Gehalten worden war sie bei einem Mittwochabend-Wortgottesdienst für Jugendliche und junge Erwachsene in der Aachener St. Foillant-Kirche. Die gelernte Religionswissenschaftlerin mit Schwerpunkt Judentum und Islam und engagierte Katholikin leitet die Abteilung für Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Jungen Erwachsenen im Generalvikariat des Bistums Essen. Die Jurorin, Professorin Angela Rinn (Herborn) zeigte in ihrer Laudatio über die Predigt übers Durchhalten zur biblischen Erzählung von Jesu Versuchung in der Wüste zeigt auf, wie inhaltsreich und zugleich humorvoll die Predigerin die Rede des Teufel und Jesu Gedanken und dann den eigenen Eindruck als echte Perspektiven der Gegenwart sprachlich ausgestaltet. Sie schließt mit dem Satz: „Regina Laudage-Kleeberg ermutigt uns, hungrig zu sein und uns nicht vorschnell abspeisen zu lassen. In einer Welt, in der scheinbar alles so schnell zu haben ist, ist es wichtig, dass wir hungrig auf Leben bleiben. Hungrig auf Gott. Hungrig nach Liebe.“
Die Jury bildete auch eine eigene Kategorie für die „junge Predigt“ mit zwei Preisen. Daniel Steigerwald (Heidelberg) und Magdalena Prinzler (Karlsruhe) hatten ihre jeweilige Predigt noch als Student und Studentin der evangelischen Theologie verfasst. Steigerwalds Predigt bezog sich auf die biblische Erzählung davon, dass eine Ausländerin dem Heiler Jesus die Grenzüberschreitung über das eigene Volk abringt. Laudator Prof. Krebs strich heraus: In der Tiefenschicht dessen, wie der Prediger erzählt, wird gerade nicht der erschreckenden Frage, ausgewichen, ob Jesus, ja ob auch Gott an seine Grenzen stößt. Und mit der Erzählung wird das Vertrauen in den kreativen Möglichkeitssinn des Glaubens vor Augen gestellt, der sein Gegenüber über sich hinauswachsen lässt.
Prof. Roebben lobte, wie die Predigt von Frau Prinzler über Kain und Abel schon in ihrem Beginn durch verfremdende Nacherzählung den geschwisterlichen Konflikt mit seinem Tötungspotential mitten in nur zu vertraute innerfamiläre und globale Gegenwartsaggressionen hineinrückt und die Schuldfrage hochkommen lässt. Frau Prinzler konnte ausnahmsweise nicht anwesend sein konnte, aus „dem besten Grund der Welt“ (wie die Zuhörerer*innen durch Hauschildt erfuhren): weil genau für den Tag der Preisverleihung die Geburt ihres Kindes „vorausberechnet“ war.
Passagen aus den drei Predigten wurden noch einmal zu Gehör gebracht. Das ließ die Anwesenden auf der Feier auch miterleben, wie die Predigten sich nicht nur in der verteilten Festschrift nachlesen lassen, sondern auch im Original geklungen haben mögen.
Last but not least gab es auch einen Preis in der Kategorie „Lebenswerk“. Er ging an den renommierten Würzburger katholischen Praktischen Theologen, Predigttheoretiker und -praktiker und langjährigen Kovorsitzenden der Predigtforschungsfachgruppe „Arbeitsgemeinschaft für Homiletik e.V.“ (AgH), Prof. Erich Garhammer. In seinem Vortrag zu Beginn der Preisverleihung zeigte er auf, wie sehr die Predigt vom Gespräch mit den Literaten profitieren kann: hier Reiner Kunze, Arno Geiger, Christoph Ransmayr und Sybille Lewitscharoff. Spannend ist daran neben vielem anderen auch, wie jene biographische Schlüsselszenen einer nachhaltigen Begegnung mit christlichem Glauben beschreiben – nun aber in der Begegnung im nahen und familiären Alltag. Ransmayr erfährt beim Sterben seiner Großmutter deren auch über den Moment hinausweisenden Schlüsselsatz: „Still. Magst ruhig sein.“ Garhammer zieht daraus die mehrschichtige Einsicht: „Man merkt es Literaten, aber auch Prediger*innen an, ob sie geschwätzig sind oder ob ihre Sprache hinabreicht in tiefere Zonen der Empathie und Solidarität. Gute Literatur und gute Predigten sind unterbrochenes Schweigen.“
Der Predigtpreis hat sich neu aufgestellt, ist noch näher als bisher an die theologische Predigtwissenschaft in herangerückt, in deren ökumenischer Weite. Die Jury ist gespannt auf die Einsendungen für die Auswahl des Predigtpreises 2020 im nächsten Jahr – auf solche Predigten, die über den Moment und das unmittelbare Umfeld hinaus der öffentlichen Aufmerksamkeit wert sind.
"Gute Predigten sollen nah an Gott und nah am Leben sein" – als erste Nicht-Theologin hat Regina Laudage-Kleeberg den 20. Bonner ökumenischen Predigtpreis für die beste Predigt erhalten. Im Interview spricht die 33-jährige Leiterin der Abteilung Kinder, Jugend und Junge Erwachsene im Bistum Essen über ihre Vorstellungen von guten Predigten.
Als erste Nicht-Theologin und zweitjüngste Preisträgerin in der bald 20-jährigen Geschichte des Bonner ökumenischen Predigtpreises hat Regina Laudage-Kleeberg am heutigen Mittwoch, 20. November, in der Bonner Schloßkirche den Preis für die beste Predigt erhalten. Ausgezeichnet wurde die 33-jährige Leiterin der Abteilung Kinder, Jugend und Junge Erwachsene im Bistum Essen für einen Text, den sie im Juni 2018 in einem „Zeitfenster“-Gottesdienst in Aachen vorgetragen hat. Unter der Überschrift „Durchhalten“ hatte die in Münster lebende Religionswissenschaftlerin an ihrem fünften Hochzeitstag über die Versuchung Jesu und die Versuchungen in Beziehungen gesprochen. Die Nominierung für den Preis kam aus der Jury selbst, bei der in diesem Jahr außerdem rund 120 weitere Beiträge eingereicht worden sind. Im Interview erklärt Laudage-Kleeberg, was ihrer Ansicht nach eine gute Predigt ausmacht.
Bistum Essen: Christen witzeln gern, man könne über alles predigen, nur nicht über zehn Minuten – was sind Ihre Kriterien für eine gelungene Predigt, Frau Laudage-Kleeberg?
Regina Laudage-Kleeberg: Die Dauer ist für mich nur ein Randaspekt. Wenn ich eine Predigt höre, möchte ich etwas von Gott verstehen, etwas Neues über ihn lernen. Der Prediger oder die Predigerin soll mir etwas beibringen wollen – aber wenn das nichts mit meinem Leben zu tun hat, bringt mir die Predigt oft nichts. Was ich über meinen Glauben lerne, muss Relevanz für mein Leben haben, muss lebenswichtig sein. Das ist auch mein Anspruch an eine gute Predigt: Sie muss Gottes- und Lebensnähe zusammenbringen.
Bistum Essen: So wie bei Ihrer preisgekrönten Predigt über das „Durchhalten“ am Hochzeitstag?
Regina Laudage-Kleeberg: Das müssen andere beurteilen. Aber ich habe in dem Text zumindest versucht, meinem Publikum Gott näher zu bringen – und dies mit sehr lebensnahen Aspekten verbunden. Ich erzähle, wie ich mir Jesus und den Teufel vorstelle, als sie 40 Tage lang in der Wüste um Versuchung und Durchhalten ringen – und ich erzähle von mir, meiner Umgebung und von Beziehungen, wie sie wohl auch viele Zuhörerinnen und Zuhörer kennen.
Bistum Essen: Ein Thema, das zölibatär lebenden Priestern sicher nicht so nahe ist. Predigen Frauen anders als geweihte Männer?
Regina Laudage-Kleeberg: Die Predigt-Qualität ist für mich keine Frage des Geschlechts oder der Weihe. Über das „Durchhalten“ können schließlich auch zölibatär lebende Priester sprechen. Aber jeder Prediger muss bereit sein, in seiner Ansprache auch etwas von sich selbst preis zu geben. Das muss kein Seelen-Striptease werden, bloß nicht. Aber je weniger ein Prediger von sich und seinen Überzeugungen zeigt, desto weniger Relevanz hat die Predigt für mich als Zuhörerin. Außerdem ist entscheidend, dass der Prediger oder die Predigerin selbst noch Fragen ans Leben und an die konkrete Bibelstelle hat. Wer meint, schon alles zu wissen, kann keine lebensnahe Predigt halten – sondern höchstens eine Vorlesung.
Bistum Essen: Sie sprechen in Verkündigungssendungen auf WDR2 und WDR4, schreiben pointierte „Standpunkte“ auf katholisch.de – das Predigen in einer Messe ist jedoch katholischen Priestern vorbehalten.
Regina Laudage-Kleeberg: Ich bin froh und dankbar, dass es nicht nur bei den „Zeitfenster“-Gottesdiensten in Aachen, sondern auch bei uns im Bistum Essen immer mehr Formen und Möglichkeiten gibt, dass auch Laien – talentierte, überzeugte und vom Glauben an Gott begeisterte Männer und Frauen – die Möglichkeit haben, anderen von diesem Glauben zu erzählen. Es gibt Gemeinden, in denen regelmäßig Gemeindemitglieder im Gottesdienst sprechen, wir bilden ehrenamtliche Leiterinnen und Leiter für Wort-Gottes-Feiern und Beerdigungen aus, bei denen die Teilnehmer oft von sehr berührenden Ansprachen berichten. Auf diesem Weg müssen wir weiter gehen: Es braucht in unseren Gottesdiensten die Fundierung unserer Theologen, aber auch die alltäglichen Glaubenserfahrungen.
Bistum Essen: Aber mit welcher Sprache vermittelt die Kirche heute eine 2000 Jahre alte Botschaft?
Regina Laudage-Kleeberg: Viele sehr religiöse und gut ausgebildete Menschen in der Kirche benutzen eine ziemlich exklusive Sprache. Wenn bei uns zum Beispiel von „Gnade“ oder „Erlösung“ die Rede ist, gehört viel Vorwissen dazu, um zu ahnen, warum das überhaupt gut ist und warum man so etwas von Gott erhoffen darf. Wenn Prediger Menschen wirklich erreichen wollen, sollten sie begeistert sein von dem, was sie sagen – und sie sollten sich vorstellen, dass ihre Zuhörer ziemlich wenig Ahnung vom Thema haben. Mit dieser Haltung gelingen berührende und zugleich verständliche Predigten. (tr)
Interview: Thomas Rünker Bistum Essen - Bischöfliches Generalvikariat
Ausgezeichnete Predigten
Die in den Kategorien "Beste aktuelle Predigt" und "Die junge Predigt" ausgezeichneten Predigten stehen als PDF-Dateien zum Download bereit.