01. Juni 2021

Workshop-Bericht "Verletzliche Hoffnung" Workshop-Bericht "Verletzliche Hoffnung"

Am 01. Mai 2021 veranstaltete das Teilprojekt 2 einen Workshop in welchem die (aktuellen) Krisenerfahrungen von Menschen, die in Seelsorge und Pflege tätig sind, zur Sprache kommen sollten.

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neues_aus_dem_resilienzprojekt.jpeg © Evang.-Theol. Fakultät
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Ein Artikel von Marvin Gärtner aus TP2

Am 01. Mai 2021 veranstaltete das Teilprojekt 2 eine Workshop in welchem die (aktuellen) Krisenerfahrungen von Menschen, die in Seelsorge und Pflege tätig sind, zur Sprache kommen sollten. Vorbereitet wurde der Workshop von Dr. Katharina Opalka und Marvin Gärtner, um Fragen nach „Verletzlichkeit“ und „Hoffnung“ mit dem Fokus auf die Praxis nachzugehen. Gemeinsam mit Prof. Dr. Cornelia Richter (TP2) und Prof. Dr. Eberhard Hauschildt (TP8), sowie den eingeladenen Referenten Prof. Dr. Ralph Kunz (Professor für Praktische Theologie an der Universität Zürich) und Frère Richard (Communauté de Taizé) konnten sich Seelsorgende aus einer Vielzahl von Bereichen mit den Mitarbeitenden des Forschungsprojekts in einer sehr nachdenklichen und offenen Atmosphäre austauschen.

Die grundlegende Annahme des Workshops war, dass es entscheidend sei, wie über „Verletzliche Hoffnung“ gesprochen wird und welche Hoffnungsperspektiven dadurch eröffnet werden. Der Workshop war geprägt vom gemeinsamen Austausch untereinander, sowie den beiden Impulsen von Ralph Kunz und Frère Richard, die beide bildstark das Thema von Hoffnung in der Krise aufgenommen und ausgebreitet haben.

Ralph Kunz führte anhand von innovativen Metaphern auf, wie komplex Hoffnung für Menschen in Krisensituationen ist, und für diejenigen, die sie begleiten. In seinem Impuls machte Ralph Kunz so unter anderem exemplarisch das Bild der Distel in der Wüste der Krise auf. Die Hoffnung in der Krise könne so verletzlich sein, wie eine Distel in der Wüste und damit sie überdauere, müsse sie tiefe und starke Wurzeln schlagen. Es könne nun leicht passieren, so Kunz, dass dieses letzte kleine Hoffnungspflänzchen des Gegenübers im Gespräch mit diesem durch einen „charismatischen Hoffnungstsunami“ weggeschwommen werde.  Dagegen setzte er, dass es wichtig sei diese letzte Hoffnung des in der Krise steckenden Gegenübers durch das „tägliche Brot“ kleiner Verheißungen und Stärkungen zu unterstützen.

Frère Richard berichtete in seinem Impuls vom Alltag der Communauté de Taizé und setzte dabei das Bild der Tür ins Zentrum, sowie – damit verbunden – des Ein- und Auszugs. Der Besuch von Taizé werde von vielen der Jugendlichen, die für eine Woche nach Taizé kommen, um am Leben der Communauté teilzunehmen, als eine Form des Nach-Hause-Kommens empfunden: Der Auszug in die Fremde, hin zu einem Ort, der eben nicht die eigene, eigentliche Heimat ist, werde zu einem Einzug in das Haus Gottes. Der stete Fokus auf die Stille und das Gebet in Taizé könne das Auftreten des Gefühls eines Besuchs bei einem vertrauten Freund ermöglichen. Die leere Zeit des Schweigens werde in den Minuten der Stille im Gebet gefüllt mit Gemeinschaft. Frère Richard erläuterte, wie diese oft widersprüchliche Hoffnung durch den Bezug auf Jesus Christus geprägt sei: In Taizé werden Tod und Auferstehung jeden Freitag und Samstag liturgisch begangen. Tod und Auferstehung im Gebet zu folgen sei wie die Tür, die nie zugeschlossen sei (genauso wie die Tür zur Kirche in Taizé immer geöffnet ist) und immer Auszug in die Freiheit, sowie Einkehr in das Leben biete.

Zwischen und rund um die Impulse herum kam es zu einem vielfältigen Austausch zwischen den Teilnehmenden des Workshops, die in Pflege und Seelsorge tätig sind, und den Mitarbeitenden des Forschungsprojekts. Es wurde berichtet, wie sich die Reaktionen auf spirituelle Angebote verändert hätten, die vermehrt angenommen wurden, wenn sie angeboten werden würden. Konkret wurde von einem Gottesdienst nach einem Todesfall berichtet, in welchem die Möglichkeit nach vorne zu kommen und persönlich einen Segen zugesprochen zu bekommen, von vielen angenommen wurde, auch wenn bei der vorigen Nachfrage, ob ein Gottesdienst überhaupt gewünscht sei, es keine großen Rückmeldungen gegeben hätte. Auch innerhalb der Gemeinschaft der Pflegenden und Seelsorgenden habe sich das Bedürfnis nach spirituellen und religiösen Angeboten gewandelt, und Andachten in Kliniken seien oft auch immer mehr zu Andachten für Mitarbeitende geworden.

Der gemeinsame Austausch im Workshop bot die Möglichkeit, die (Zwischen-)Ergebnisse und derzeitigen Forschungstände innerhalb des Forschungsprojekts und von TP2 rückzukoppeln an die praktische Erfahrung innerhalb der Krise und das Wissen von Expert*innen aus verschiedenen Bereichen wieder mit einfließen zu lassen, wenn es um Fragen der Bedeutung, des Zu-Sprache-Kommens und der Verarbeitung von spirituellen Gefühlen und Erlebnissen in Krisensituationen geht.

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