02. März 2022

Das Gespräch als Imperativ - Ein Rückblick auf zwei Jahre DFG-Forschungsgruppe "Resilienz in Religion und Spiritualität" Das Gespräch als Imperativ

Ein Rückblick auf zwei Jahre DFG-Forschungsgruppe "Resilienz in Religion und Spiritualität"

Neues aus dem Resilienzprojekt
Neues aus dem Resilienzprojekt © -
Alle Bilder in Originalgröße herunterladen Der Abdruck im Zusammenhang mit der Nachricht ist kostenlos, dabei ist der angegebene Bildautor zu nennen.

„Interdisziplinäre Forschung lebt vom Gespräch, von der gemeinsamen Leidenschaft für das Thema und vom Durchhaltevermögen über die methodischen und fachlichen Differenzen hinweg.“

(Franziska Geiser und Cornelia Richter: „Hilft der Glaube oder hilft er nicht?“ Von den Herausforderungen, Religion und Spiritualität im interdisziplinären Gespräch über Resilienz zu erforschen. In: Cornelia Richter (Hrsg.): An den Grenzen des Messbaren - Die Kraft von Religion und Spiritualität in Lebenskrisen“, Stuttgart 2021, 7.)

 

Im September 2019 nimmt die von der DFG geförderte FOR 2686 „Resilienz in Religion und Spiritualität. Aushalten und Gestalten von Ohnmacht, Angst und Sorge“ ihre Arbeit auf. Acht Professor*innen, in Vertretung vier verschiedener Universitäten, aus acht Disziplinen und Unterdisziplinen mit je eigenem Stab von wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen und studentischen Hilfskräften werden sich die nächsten drei Jahre der Untersuchung von Resilienz im Verhältnis zu dem widmen, was im aktuellen Gesundheitsdiskurs als „religiöse und spirituelle Dimension“ menschlichen Lebens beschrieben wird. Das interdisziplinäre Team aus Geistes- und Naturwissenschaftler*innen verfolgt dabei das Ziel anwendungsorientierter Forschung.  Der Dialog der verschiedenen Perspektiven von Theologie, Philosophie, Moralpsychologie, Psychosomatischer Medizin und Psychotherapie, Palliativmedizin und Spiritual Care soll dies in einer hermeneutisch orientierten Kombination theoretischer Grundlagenforschung und empirischer Untersuchungsmethoden möglichen machen.

 

Dabei gilt es nicht nur untereinander als Forschende die Kommunikation aufzunehmen und eine gemeinsame, die Disziplinen einende Sprache zu finden, sondern auch nach außen hin Fenster und Türen zur Forschung öffnend aufzutreten.

Erstmalig geschieht dies Ende Oktober 2019 bei der ersten Öffentlichen Präsentation der FOR. Im Sitzungsraum des Universitätsclub Bonn e.V., ausgelegt für 90 Personen, wird eng zusammengerückt, die Personenanzahl dreistellig – im Rückblick wird so die Dankbarkeit gegenüber dem großen Interesse und der Unterstützung von Gästen aus Stadt und Region noch ein wenig größer. Gleiches gilt für Dekan Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Meyer-Blanck, dessen Wünsche für ein fruchtbares Miteinander der Forschenden bis heute nachklingen. Auch Rektor Prof. Dr. Dr. h. c. Michael Hoch nimmt sich die Zeit, seiner Wertschätzung für die fakultäts- und universitätsübergreifende Zusammenarbeit des interdisziplinären Teams Ausdruck zu verleihen. Einen besseren Start hätten sich die Forschungsgruppe nicht wünschen können. Ausführlicher berichtet Ann-Kathrin Armbruster, Wissenschaftliche Mitarbeiter im Projekt, in Ausgabe 2017/18 der Pro Facultate.

Begleitet wird der öffentliche Auftritt vom ersten Gleichstellungsworkshop. Die Forschungsgruppe ist zu diesem Zeitpunkt zwei Monate alt: Büros sind ausgestattet und bezogen, Stellen besetzt, die großen organisatorischen Fragen geklärt, Routinen haben sich gefunden und das erste Gefühl von Alltäglichkeit begleitet die Arbeit. Es wundert daher nicht, dass die Sprecherin der Forschungsgruppe Cornelia Richter den Workshop mit den Worten eröffnet: „We can start. We can really start. And today we start with gender issues.”

Professor Dr. Aileen Fyfe von der University of St Andrews diskutiert in ihrem Vortrag „Being part of the scholarly community: women in research” wie Fragen von Gender und Inklusion Wissenschaft geprägt haben und dies bis heute tun. Der historische Überblick und die Analyse des Status quo Fyfes bot der Forschungsgruppe die Möglichkeit zur kritischen Reflexion der eigenen Praxis geschlechtergerechten und inklusiven Handelns sowie darauf aufbauend die Etablierung einer bewussten diversitätssensiblen Gesprächskultur, die die Zusammenarbeit bis heute prägt. Dass Aileen Fyfe freundlich lächelnd den Mittelpunkt des Gruppenbildes, mit dem sich die FOR pandemiebedingt bis heute in den Sozialen präsentiert, markiert, trägt sicherlich einen Teil dazu bei, dass das Bewusstsein um die Notwenigkeit zur Pflege einer solchen Kultur bis heute an Präsenz nicht verloren hat.

 

„Kein Forschungsansatz ist perspektivenfrei.“

(Eberhard Hauschildt: Welche Hilfe in der Krise können und wollen „Caretaker“ geben, wenn „Spiritualität“ gesucht wird? – Zwischen fachlich-beruflichen Rollen und individueller „Menschlichkeit“. In: Richter: Grenzen, 146.)

 

Neben öffentlicher Präsentation und Gleichstellungsworkshop findet die erste Klausurtagung statt. Die ersten Schritte in die gemeinsame Arbeit haben erlaubt, zu erkennen, was es braucht, um die unterschiedlichen Fachperspektiven und Arbeitsweisen besser zu verstehen und im gemeinsamen Forschungsprozess nicht nur miteinander, sondern auch voneinander zu lernen. Deutlich wird dies besonders an den Hospitationen, die in den nächsten Monaten den Mitarbeitenden erlauben, die eigenen Fachgrenzen zu überschreiten. Wortwörtlich wird die Perspektive gewechselt und der Blick nicht nur auf die eigene Arbeit ein anderer. Welche Chancen sich aus eben solcher Zusammenarbeit im Projekt für die eigene Forschung ergeben können, zeigen im Dezember 2019 auf dem Dies Academicus der Bonner Universität die Wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen der Forschungsgruppe. In interdisziplinär gemischten Teams stellen sie erste Arbeitsergebnisse vor, diskutieren mit Kommiliton*innen, Kolleg*innen und allen anderen, die den akademischen Feiertag mit Interesse begehen.

 

„Entscheidend für das interdisziplinäre Gespräch ist, dass die in den Psalmen gewonnenen Kategoriebildungen der Resilienznarrative auch für die anderen Disziplinen in Theologie, Philosophie, Psychosomatik, Palliativmedizin und Spiritual Care fruchtbar gemacht werden.“

(Judith Gärtner und Mirja Petersen: Klagen, beten, das Leben beweinen. In: Richter: Grenzen, 93.)

Das Jahr 2020 beginnt für die Forschungsgruppe im Januar mit der Tagung "Zwischen Aushalten und Gestalten: Resilienznarrative im Alten Testament" an der Universität Rostock. Der moderne Resilienzbegriff wird mit der alttestamentlichen Exegese ins Gespräch gemacht, denn auch wenn der Resilienzbegriff in den alten Schriften nicht vorkommt, lässt sich fragen, wie von Krisen und dem Umgang mit ihnen erzählt wird und was darauf aufbauend sogenannte „Resilienznarrative“ sein können. Die Ergebnisse dessen können im zugehörigen Sammelband von Judith Gärtner und Barbara Schmitz „Resilienznarrative im Alten Testament“ (Tübingen 2021; i.E.) nachgelesen werden.

 

„Das Erzählen taucht in unserer Forschungsgruppe in unterschiedlichen Ausprägungen an unterschiedlichen Stellen im interdisziplinären Arbeiten auf: In den Anamnesegesprächen der Psycholog*innen und Mediziner*innen, in den Texten der religiösen Traditionen und in der Art und Weise, wie „Resilienz“ in den entsprechenden Diskursen narrativ verarbeitet wird.“

(Katharina Opalka: Was man erzählen kann, wenn man an seine Grenzen kommt. In: Richter: Grenzen, 97.)

 

In dem Moment, wo ein Begriff in mehreren Teilprojekten (TP) Verwendung findet, wird man im Projekt hellhörig: Meint man das gleiche oder weichen die Verständnisse voneinander ab? Die gemeinsamen Vorarbeiten, die den ersten Sammelband „Ohnmacht und Angst aushalten: Kritik der Resilienz in Theologie und Philosophie“ hervorbrachten, haben die Forschenden, die sich schon seit 2014 zum Thema Resilienz in offenem Austausch befinden, einen sechsten Sinn dafür entwickeln lassen, dass nicht alles immer ganz so klar ist, wie es scheint. Die wissenschaftliche Absicherung dieses Sinns ist im Projekt das Teilprojekt 0. Denn neben den Teilprojekten 1-8 gibt es noch zwei weitere Arbeitsfelder. Das Teilprojekt Z, dass die Kommunikation und Organisation der Forschungsgruppe sichert und eben „TP 0: Hermeneutik der Resilienz. Begrifflichkeiten, Prämissen, Theoriekonstellationen“, das als theoretischer Rahmen der Forschung in der Analyse der Differenzen die Grundlage für die Zusammenarbeit schafft.

 

„Obwohl die Multidimensionalität des Resilienzkonzepts in der Psychologie, Theologie oder Philosophie betont wird, bleibt es vermehrt bei einer eher einseitigen Betrachtung des Konzepts innerhalb der eigenen Disziplin. Eine stärkere interdisziplinäre Vernetzung könnte die zukünftige Entwicklung eines dynamischeren und hermeneutischeren Konzepts unterstützen. Diesen interdisziplinären Diskurs unterstützen wir aktuell [...]. Unser umfassenderes Ziel ist es, einen Ansatz zu finden, der die definitorische Unschärfe des Resilienzkonzepts überwindet.“

(Nina Hiebel, Lisa Milena Rabe, Katja Maus und Franziska Geiser: "Gibt es die „resiliente Persönlichkeit“? In:  Spiritual Care, vol. 10, no. 2, 2021, 117-127. https://doi.org/10.1515/spircare-2020-0125)

 

Ganz diesem Ziel verschrieben, finden weitere Hospitationen statt, Mitarbeiter*innen und Hilfskräfte treffen sich regelmäßig im Büro zum Jour Fixe, um einander auf dem Laufenden zu halten, Veranstaltungen werden vorbereitet, das kommende Jahr geplant.

Bis die Corona-Pandemie und die Maßnahmen zu ihrer Eindämmung ein Umdenken verlangen. Die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie verlangen ein Umdenken der Arbeitsorganisation und dem inhaltlichen Zugriff, ein stetiges „sich immer wieder neu einstellen“. Und so richtete sich auch die Forschungsgruppe, wie so viele, in der neuen Situation und mit neuer Technik ein. Und wie so viele bemerkten wir: Die digitalen Sitzungen mögen effizienter sein, dennoch: die Gespräche im bis dahin selbstverständlichen Zwischendurch fehlen.

 

„Erst in der Rückschau und im Erzählen davon wird klar, was da geschehen ist, wie es uns ergangen ist und ab wann es bergauf ging. Selten lässt sich dies auf ein konkretes Datum eingrenzen. Manchmal aber doch, da gab es vielleicht ein Gespräch, das eine neue Perspektive aufgeworfen hat, oder eine Nachricht, dass sich Dinge nun zum Besseren wenden werden.“

(Ann-Kathrin Armbruster in ihrer Andacht zu Ostermontag. Online abrufbar unter: www.facebook.com/DFGFOR2686/photos/a.105708687525095/21285153014414/?type=3&notif_id=1586761513057426&notif_t=page_post_reaction)

 

Mitten in der Krise an Resilienz zu forschen, verleiht der Tragweite der eigenen Forschung eine ganz andere Aktualität. Die Wissenschaftler*innen nutzen ihre Expertisen und sprechen öffentlichen in Medien und auf den Kanälen von Universität und Projekt über Möglichkeiten des Umgangs mit der Krise, erklärten, warum Angst zu haben, auch hilfreich sein und wie ihr begegnet werden kann. Die Ostertage im Lockdown sind gesäumt von Andachten.

Währenddessen laufen im Hintergrund Vorbereitungen für die 2. Klausurtagung, die Ende April 2020 stattfinden soll - jetzt nicht mehr in den Räumen, sondern über die Zoom-Lizenz der Bonner Universität. Geleitet wird sie von der Frage, wie Interdisziplinarität im Spannungsverhältnis zwischen Erkenntnisfortschritt in der eigenen Disziplin und der gemeinsamen Arbeit im Verbund möglich sein kann. Prof. Dr. Clemens Albrecht, Wissenschaftssoziologe, eröffnete mit einem wissenschaftstheoretischen Impuls zur Verbundsprojektforschung. Im Anschluss erörterte die Forschungsgruppe Überlegungen zur Konzeption von Fragebögen sowie dem Verhältnis von Klage in Psalmen und Klage in der Psychotherapie.

 

„In interdisziplinärer Kooperation lässt sich eruieren, was [die] Einsichten für Resilienzerwartungen, -narrative und -praktiken und ihre Angemessenheit für Individuen in konkreten Situationen bedeutet. Resilienz lässt sich dabei als eine vulnerabilitätsbewusste und krisensensible Perspektive für Identitätsbildung und Identitätsarbeitsfähigkeit ausdeuten, die offen für die Kraft von Religion und Spiritualität ist.“

(Jochen Sautermeister: Sinnverheißende Gegenwart?! In: Richter: Grenzen, 73.)

 

Über den Sommer schreitet die Forschung voran, der Arbeit kann konzentriert nachgegangen werden. Die Zeit wird auch genutzt, um die Forschungsgruppe in den Sozialen Medien vorzustellen. Wer arbeitet eigentlich in so einem Projekt, welche Expertisen, welche professionelle und welche persönliche Motivation steckt dahinter? Nicht nur Professor*innen und wissenschaftliche Mitarbeiter*innen präsentieren sich mit ihren Forschungsanliegen und den jeweiligen Berührungspunkten zu Resilienz, sondern auch die Hilfskräfte kommen zu Wort, die noch mitten im Studium stehen und die Chance nutzen, verschiedenen Formen des wissenschaftlichen Alltags kennenzulernen und auch selbst erste Schritte im Arbeitsfeld „Forschung“ zu machen

 

„Zunächst ist noch einmal zu betonen, dass sich der »messbare Ausschnitt des Unermesslichen« auf die menschliche Seite der Spiritualität beschränkt. Doch, und das sind die guten Nachrichten, auf der menschlichen Seite kann es durchaus gelingen[...]so liegen mit der M-Skala sowie der TPV-8R-Skala mindestens zwei Messinstrumente in deutscher Sprache vor, die durchaus gut zur sozial- und gesundheitswissenschaftlichen Messung unterschiedlicher Facetten des Konstrukts »Spiritualität« geeignet sind.“

(Constantin Klein und Stephan Bethe: Messbare Ausschnitte des Unermesslichen? In: Richter: Grenzen, 139.)

 

Es kehrt Herbst ein und fast unbemerkt wird die Forschungsgruppe ein Jahr alt. Der Oktober 2020 bringt die dritte Klausurtagung sowie eine sich anschließende „Research School“ zu den verschiedenen qualitativen und quantitativen Methodenmit denen nach der Verhältnisbestimmung von Resilienz, Religion und Spiritualität geforscht werden. Einen direkten Einblick in Präzision, Aufwand und Herausforderungen der empirischen Methoden ermöglichten den Mitarbeiter*innen praktische Übungen, die das Bewusstsein für die je unterschiedlichen Sichtweisen und Ansätze der Forschungsdisziplinen stärkten.

 

Der 2. Gleichstellungsworkshop mit dem das Jahr 2021 startet, ergänzt die Frage nach der gemeinsamen Arbeit in Forschungsverbünden aus der 2. Klausurtagung um den Gleichstellungsaspekt. Prof.‘in Susanne Völker und Karolin Kalmbach vom Zentrum für Gender Studies der Universität zu Köln veranschaulichen mit ihren Vorträgen „Gender Studies und Gleichstellung in der Wissenschaftscommunity. Theorieentwicklung, Diskurslinien, Praxisbeispiele“ und „Geschlechterforschung und Gleichstellung: Differente und gemeinsame Zielsetzung“ zentrale Punkte theoretischer Herangehensweisen der Geschlechterforschung für einen interdisziplinären Forschungsverbund ebenso wie die praktischen rechtliche Aspekte. Dass intersektionale Betrachtungsweisen entscheidend sind für eine der Vielfältigkeit gerecht werdenden Forschung wird in der anschließenden Diskussion betont. Wie einem solchen Anspruch nachgekommen werden kann, ist die Frage, der die Diskutierenden nachgehen.  

 

 „Wissen braucht Fragezeichen. Fragezeichen öffnen Räume und suchen Antworten, Ausrufezeichen schließen Räume und suchen Zuhörer. Ich bin für Diskussionen, Austausch, Neugier, für das voneinander Lernen. Ich bin #fürdasWissen, weil Fragezeichen anders als Ausrufezeichen ein Gegenüber, den Dialog und die Zeit brauchen. Weil #Wissen nicht recht haben, sondern gemeinsam Nachdenken bedeutet. Weil wir mehr Fragezeichen und weniger Ausrufezeichen brauchen.“

(Stephan Bethe für die DFG-FOR 2866 bei der Aktion „DFG2020- Für das Wissen entscheiden“. Online abrufbar unter: www.facebook.com/DFGFOR2686/photos/a.105708687525095/356114065817888/)

 

Nach pandemiebedingten Verschiebungen steuert die Forschungsgruppe im April 2021 auf einen ihrer Höhepunkte zu: Die erste Jahrestagung zum Thema „Resilienz im Horizont menschlichen Handelns“, organisiert von Prof. Dr. Dr. Jochen Sautermeister, Prof. Dr. Thiemo Breyer und Viktoria Lenz.

Auch wenn dieses Mal nicht enger zusammengerückt werden muss, hinter den Zoom-Kacheln hat jede*r schließlich genug Platz, wird es trotzdem voll: Mit über 80 Teilnehmenden, acht prominenten Gästen aus der Forschung und keynote speech von Prof. Dr. med. Luise Reddemann über Chancen und Kritik der Resilienz aus psychotherapeutischer Sicht werden unterschiedliche Zugänge von Theologie, Medizin, Psychologie und Pädagogik in Hinblick auf den Umgang mit Krisenerfahrungen und Resilienz im Zusammenhang durchdacht und auf einen handlungsorientierenden Resilienzbegriff gespiegelt. Die Reihe „Religion und Gesundheit“ beim Kohlhammer-Verlag wird um einen vierten Band erweitert, der voraussichtlich Ende 2022 erscheint.

Diesem geht der frisch erschienene gemeinsame Sammelband „An den Grenzen des Messbaren“, herausgegeben von Cornelia Richter, voraus. Beiträge aller Teilprojekten bilden, durch Querverweise auf die inhaltliche Zusammenarbeit, Chancen und Herausforderungen der interdisziplinären Forschung zu Resilienz, Religion und Spiritualität ab. Individuelle Krisen und die Voraussetzungen zur Möglichkeit der Begegnung ihrer, werden in den Blick genommen.  

„Das Erleben eines sozialen Zusammenhalts und Einbettung in eine »Schicksalsgemeinschaft« ist mithin in Krisensituationen besonders wichtig.“

(Thiemo Breyer: Selbstfürsorge und Fürsorge zwischen Vulnerabilität und Resilienz. In: Richter: Ohnmacht, 131.)

Auch der Workshop „Verletzliche Hoffnung“ folgt im Mai dem Blick auf die Krisenerfahrungen. Es sind die derjenigen, deren Aufgabe die Begleitung der Krise anderer ist: Seelsorgende und Pflegende. Das Gespräch von Praktischer und Systematischer Theologie sowie dem Ordensbruder Frère Richard (Communauté de Taizé) wird ergänzt von Seelsorgenden selbst; das Eröffnen von Hoffnungsperspektiven steht im Mittelpunkt.

Im Juni schließt sich bereits der nächste Workshop an. Das Thema: Die Mediopassivität. Ein zentraler Begriff des Projekts, der den Zusammenhang von Aktivität und Passivität, Aushalten und Gestalten verhandelt. Auch hier steht die Interdisziplinarität im Vordergrund, wenn der Soziologen Hartmut Rosa und die Philosophin Béatrice Han-Pile den Mediopassivität im Zusammenhang mit ihren Gedanken zu „powerlessness“ diskutierten.

Die internationale Tagung von TP 3 zu „Resonanz – Response – Resilienz. Phänomenologische und interdisziplinäre Perspektiven auf existenzielle Erfahrungen von Krise und Vulnerabilität“, die ebenso im Juni veranstaltet wird, greift Aspekte der Diskussion um Mediopassivität auf, weitet sie in phänomenologische Perspektive. Von Thiemo Breyer und Jagna Brudzińska wird Ende 2022 der in diesem Rahmen entstandene Sammelband herausgegeben.

In das dritte und letzte Jahr unserer ersten Förderphase starteten wir mit der 2. Jahrestagung „Ausdruck von Krise, Leid und Schmerz als kulturelle Kodierung“, die Prof. Dr. Judith Gärtner und Prof. Dr. Lukas Radbruch organisierten. Wie wird Schmerz und Leid jenseits medizinischer Kontexte erzählt? Welche Semantiken und Semantisierungen bieten das Alte Testament? Und welche Modi gibt es, das Erzählen von Schmerz zu gestalten? – sind nur einige Fragen, die prominente Vortragende und Forschende beschäftigten.

 

 „Und wieder diskutieren wir konzentriert, nachdenklich, im Bemühen um gemeinsames Verstehen.“

(Cornelia Richter (@CRichter_Bonn) [Twitter] [2021], veröffentlicht am 23.04.2021, 12:38pm,  online unter: https://twitter.com/CRichter_Bonn/status/1385543594258350084 [Zugriff: 5.10.2021].)

Wird geladen