Schneemelcher Kolleg

für antike christliche Literatur und ihre Rezeptionen

Das SMK ist ein interdisziplinäres Forschungszentrum, das sich der Erforschung der antiken christlichen Literatur und ihrer weitreichenden und in vielfacher Hinsicht kulturprägenden Rezeption widmet. Inspiriert durch die wissenschaftlichen Impulse seines Namensgebers, Prof. Dr. Dr. h.c. Wilhelm Schneemelcher, fördert das Kolleg eine transdisziplinäre und innovative Auseinandersetzung mit frühchristlichen und spätantiken Texten und deren materiellen Zeugnissen.  
 
Im Zentrum der Arbeit des Kollegs steht die Überwindung traditioneller Grenzen zwischen literarischen und materiellen Quellen sowie zwischen kanonisch und apokryph gewordenen Texten. Dies eröffnet einen neuen Zugang zur Pluralität des antiken und spätantiken Christentums sowie seiner Traditionen. Ein jährliches interdisziplinäres Symposium dient der Vernetzung von Forschenden verschiedener Disziplinen und fördert den Dialog zwischen Theologie, Archäologie, Judaistik, Kunstgeschichte, Klassischer Philologie und weiteren Fachrichtungen. 

Wilhelm Schneemelcher – Der Namensgeber

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© Schafgans Archiv/Theo Schafgans

Prof. Dr. Dr. h.c. Wilhelm Schneemelcher war von 1954 bis 1979 Professor für Neues Testament und Geschichte der Alten Kirche an der Universität Bonn. Als Grenzgänger zwischen den Disziplinen hat Schneemelcher mit seinem visionären Werk die Grundlagen für eine moderne und interdisziplinär ausgerichtete Theologie gelegt. Er war ein Pionier darin, die Trennung zwischen sogenannten „kanonischen“ und „apokryphen“ Schriften aufzulösen, und hat damit den Blick auf das werdende Christentum als vielfältiges und dynamisches Phänomen geschärft. Sein Wirken in Bonn beschränkte sich nicht allein auf den traditionellen Zweiklang von Forschung und Lehre. Vielmehr erwies er sich auch als vorbildlicher Förderer des akademischen Nachwuchses. Gleich mehreren seiner Schüler gelang es, in der Folgezeit selbst kirchengeschichtliche Professuren in Deutschland zu übernehmen.

Die internationale Bekanntheit Schneemelchers begründet sich durch sein umfassendes ökumenisches Engagement: Bereits 1951 nahm Schneemelcher an der neu organisierten „International Conference on Patristic Studies“ in Oxford teil, weil er früh die Bedeutung einer internationalen und ökumenischen Zusammenarbeit bei der Erforschung des werdenden Chrisentums erkannte. Sein ökumenisches Engagement wird aber auch darin sichtbar, dass er sich aktiv im Dialog zwischen EKD und dem Patriarchat Konstantinopel einbrachte und u.a. am Aufbau des Instituts für Patristische Studien im Kloster Vlatadon (Thessaloniki) beteiligt war.

Wilhelm Schneemelcher
© Bundesarchiv, Bild 194-1282-30A / Lachmann, Hans / CC-BY-SA 3.0. https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Schneemelcher#/media/Datei:Bundesarchiv_Bild_194-1282-30A,_Wuppertal,_Evangelische_Gesellschaft,_Jahrestagung.jpg (Zugriff am 18.01.2025).

Antike christliche Literatur und ihre Rezeptionen 

Besonders bekannt wurde er durch die Herausgabe der „Neutestamentlichen Apokryphen in deutscher Übersetzung“. Das ursprünglich von Edgar Hennecke begründete Werk veränderte Schneemelcher im Verlauf von vier Auflagen erheblich und ergänzte es u.a. durch die neu erschlossenen Texte aus Nag Hamadi. 
 
Mit der Emeritierung von Wilhelm Schneemelcher ging die Verantwortung für das Gesamtwerk an Christoph Markschies über, dessen Berliner Kollege Jens Schröter später als zweiter Herausgeber hinzutrat. Unter dem neuen Titel „Antike Christliche Apokryphen1“ sind seit 2012 zwei Halbbände („Evangelien und Verwandtes“) erschienen, bei denen die neuen Herausgeber einerseits um wichtige Ergänzungen und andererseits um eine Fortführung des ursprünglichen formgeschichtlichen Ansatzes bemüht waren. 

Als Bonner Kolleg wollen wir, dem innovativen Geist Schneemelchers folgend, neue Wege beschreiten. Im Fokus unserer Arbeit steht die kulturprägende Wirkung der antiken christlichen Apokryphen, die in einem transdisziplinären, transmedialen und digitalisierten Forschungskontext und für heutige Studierende in einem geeigneten Medienformat zu erschließen sind. Hierzu werden neue Impulse aus den Kognitions- und Medienwissenschaften, der Linguistik und den Digital Humanities aufgegriffen, was im intensiven Austausch mit exzellenten Kolleg*innen aus dem In- und Ausland sowie der professionellen Unterstützung des Verlags Mohr Siebeck geschieht.

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© Schwarzfalter

Team des Schneemelcher Kollegs

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© Schwarzfalter

„Die antiken christlichen Apokryphen gewähren uns einen faszinierenden Einblick in die kreative Schaffenskraft und Vielstimmigkeit des werdenden Christentums und helfen uns zugleich unsere eigene Kultur bis in aktuelle populäre Formate hinein (z.B. Computerspiele) zu begreifen. Diese vielfältige Referenzialität der Apokryphen möchte ich mit Hilfe einer neuen Methodik, die das Gespräch mit den Kognitionswissenschaften sowie den Literatur- und Medienwissenschaften sucht, erschließen helfen. Zugleich freue ich mich als Leiter des Schneemelcher Kollegs auf den intensiven Dialog mit internationalen Kolleg*innen und ihren innovativen Zugänge zur antiken christlichen Literatur.“

Leiter des Schneemelcher-Kollegs
Prof. Dr. Jan Rüggemeier  ist Juniorprofessor für Neues Testament an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Bonn. Er interessiert sich für die Breite der frühchristlichen Literatur und die Geschichte des werdenden Christentums. Ansätze und Impulse aus den Kognitionswissenschaften und der Narratologie sowie den Game Studies und Digital Humanities prägen seine Forschung. 


„Wer das erweiterte „Christus-Universum“ begreifen will, muss die ausgetretenen Pfade der Erforschung kanonisch-gewordener Texte verlassen und sich ins Getümmel der vielfältigen und mulimedialen Rezeptionen der Christuserzählungen stürzen. Von apokryph-gewordenen Texten, spätantiker Katakombenmalerei und architektonisch gefassten Apostel*innentraditionen bis zu modernen Horrorfilmen, abseitigen Musikgenres und zeitgenössischer Kunst! Dass ich als Stellv. Leiterin des Schneemelcher-Kollegs die Chance habe, mich darüber mit Kolleg*innen unterschiedlicher Disziplinen auszutauschen, ist phantastisch!“

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© Schwarzfalter

Stellv. Leiterin des Schneemelcher-Kollegs
Lara Mührenberg Mag. theol. B.A. ist Wissenschaftliche Assistentin in der Abteilung für Neues Testament der ETF an der Universität Bonn. Frühchristliche Ikonographie und  Sepulkralkultur sowie Genderstudies sind die Forschungsschwerpunkte der Christlichen Archäologin.

Schneemelcher-Symposium

Das jährlich stattfindende Schneemelcher-Symposium ist das zentrale Forum des Kollegs und widmet sich der interdisziplinären Erforschung antiker christlicher Literatur und ihrer Rezeptionen. Es bringt Forschende aus verschiedenen Disziplinen zusammen, darunter Neues Testament, Patristik, Archäologie, Judaistik und Kunstgeschichte, um neue Perspektiven auf frühchristliche und spätantike Zeugnisse zu eröffnen.
 
Jedes Symposium integriert bewusst Beiträge aus benachbarten Disziplinen und widmet sich Themen, die die Pluralität und den inneren Dialog des frühen Christentums und seiner Traditionen beleuchten. Neben Fachvorträgen von etablierten Wissenschaftler*innen bietet das Symposium auch Nachwuchsforschenden eine Bühne, um ihre Arbeiten einem breiten Publikum vorzustellen. Die Symposien sind somit nicht nur wissenschaftliche Veranstaltungen, sondern auch Netzwerktreffen, die den internationalen Austausch fördern. Sie leisten einen Beitrag zur Sichtbarkeit des Kollegs und stärken seine Position als Knotenpunkt für innovative Forschung im Bereich der antiken christlichen Literatur und ihrer Rezeptionen in der Kulturgeschichte.

1. Schneemelcher Symposium

Das erste Schneemelcher Symposium findet im Herbst 2025 statt.

Schneemelcher-Preis

Zur Förderung talentierter Wissenschaftler*innen in frühen Karrierephasen schreibt das Schneemelcher-Kolleg jährlich den mit 1.000 Euro dotierten Schneemelcher-Preis aus. Der Preis zeichnet herausragende (Qualifikations)Arbeiten im Bereich der antiken christlichen Literatur und ihrer Rezeptionen aus und bietet jungen Forschenden eine Plattform zur Präsentation ihrer Arbeit.
 
Der Preis wird im Rahmen des jährlichen Schneemelcher Symposiums verliehen. Neben der finanziellen Unterstützung erhalten die Preisträger*innen die Möglichkeit, ihre Forschungsergebnisse in einem öffentlichen Vortrag vorzustellen und sich mit anderen Expert*innen zu vernetzen.
 
Das Kolleg möchte mit dem Preis die Bedeutung der Nachwuchsförderung unterstreichen und eine neue Generation von Wissenschaftler*innen für die Erforschung apokrypher Schriften und frühchristlicher Traditionen begeistern.

Auschreibung Schneemelcher-Preis 2025

Weitere Informationen und Teilnahmebedingungen sowie das Onlineformular für die Teilnahme finden Sie hier.

Wissenschaftlicher Beirat

Der wissenschaftliche Beirat des Schneemelcher-Kollegs setzt sich aus Expert*innen unterschiedlicher Disziplinen und Statusgruppen zusammen. Der Beirat unterstützt die Arbeit des Kollegs und berät bei der Vergabe des Schneemelcher-Preises.

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© Stephanie Hallinger

„Wir dürfen unseren Blick nicht nur auf die frühesten Zeugnisse und nicht nur auf Texte allein richten: Ohne Verständnis für die Wirkmacht von Bildern und Musik, die Bedeutung von Riten und Performance, die Wahrnehmung von Räumen, die Materialität der Überlieferung usw. wird unser Denken über Parabiblica Entscheidendes übersehen. Diese Art von Forschung ist nur im interdisziplinären Dialog möglich - dabei voneinander zu lernen, gehört zu den spannendsten und schönsten Aspekten wissenschaftlicher Arbeit.“


Dr. Tobias Nicklas ist Professor für Exegese und Hermeneutik des Neuen Testaments an der Universität Regensburg. Seit 2018 leitet er das DFG-finanzierte Centre for Advanced Studies "Beyond Canon" (DFG Kolleg FOR 2770). Er interessiert sich für frühchristliche Evangelien, Aposteltraditionen, jede Form von apokryphen Schriften sowie parabiblischen Traditionen und vieles mehr.


„Die materiellen und visuellen Kulturen des frühen Christentums sind mehr als bloße Begleiterscheinungen schriftlicher Traditionen, sondern zentrale Ausdrucksformen religiöser Identitätsbildung und theologischer Konzepte. Sie manifestieren Glaubensinhalte und machen zugleich die Wechselwirkungen zwischen Texttraditionen, Sinneswahrnehmung, Materialität und kultureller Praxis deutlich – nicht nur des frühen Christentums innerhalb der Grenzen des Mittelmeerraumes, sondern auch darüber hinaus.“

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© Falk Nicol

Dr. Ute  Verstegen ist Professorin für Christliche Archäologie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Unter anderem forscht sie zu transkulturellen Prozessen wie multireligiösen Raumnutzungen, den Herrenorten in Jerusalem und ihrer Rezeption oder dem Christentum entlang der sog. Seidenstraße(n).


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© Andrea Handl. https://andreahandl.be

„Betrachtet man Texte sowie materielle Hinterlassenschaften des frühen „Christentums“ über den klassisch-kanonischen Schriftkorpus hinaus, eröffnen sich neue Perspektiven und lieb gewordene "Grundwahrheiten" werden hinterfragt. Diese Texte und Objekte zeugen von der enormen Schöpfungskraft, Experimentierfreude und Diversität einer Bewegung, die weit über das hinausgeht, was man heute als Christentum definieren würde.“

Dr. András Handl ist SNFS Swiss Postdoctoral Fellow an der Theologischen Fakultät der Universität Bern. Er erforscht die Verflechtungen von Religion und Migration am Beispiel der Stadt Rom in der Spätantike.


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Jun.-Prof. Dr. Jan Rüggemeier

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Lara Mührenberg

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