Projekte
Lernen Sie die aktuellen Projekte des Schwerpunkts Systematische Theologie und Hermeneutik kennen.
Resilience and Humanities
Zugehörige Projekte:
- DFG-FOR 2686 "Resilienz in Religion und Spiritualität. Aushalten und Gestalten von Ohnmacht, Angst und Sorge", Förderung September 2019 – August 2022 (zur Homepage)
- VW-Projekt "The role of transcultural semantics and symbols for resilience during the Corona pandemic – a hermeneutic approach to historical and intercultural expressions of severe crisis", Laufzeit Mai 2021 – Juli 2023
- DFG-Einzelprojekt "Trajectories of perceived stress and resilience through the crisis and the influence of semantic representations of SARS-CoV-2 in healthcare and pastoral/spiritual care workers", gemeinsam mit Prof. Dr. Franziska Geiser, Bonn und Prof. Dr. Lukas Radbruch, Bonn; Beginn Oktober 2021, Laufzeit 36 Monate
Liberale Frömmigkeit?
Die Evangelisch-theologische Fakultät der Universität Bonn steht in der Tradition der Vermittlungstheologie wie der im 20. Jahrhundert scharf geführten Auseinandersetzungen um die sogenannte "liberale Theologie". Die theologiegeschichtliche Zuordnung liberaler Theologie lässt sich im Sinne einer Ahnengalerie zwar mit den Namen von Semler und Schleiermacher, von Albrecht Ritschl, Wilhelm Herrmann und Adolf von Harnack, später sogar Rudolf Bultmann verbinden, aber eine einheitliche und/oder klar abgrenzbare Schule hat sie nicht gebildet. "Liberal" meint auch nicht die gängige politische Parteienbezeichnung, sondern steht im Sinne eines "Arbeitstitels" für das Programm einer Verzahnung der Religion mit Kultur, Wissenschaft, Politik und Kunst bei gleichzeitiger kritischer Wahrnehmung und Analyse jeweils zeitgenössischer öffentlicher wie privater Lebensformen. Damit geht einher die Konzentration des christlichen Glaubens auf dessen ethische Bedeutung für Personalität und Lebensführung. Harte Offenbarungsansprüche sind in dieser Tradition in den Hintergrund getreten zugunsten der Konzentration auf ein mündiges und aufgeklärtes Christentum, das den Akzent auf die innere Erfahrung von Glaubensvollzügen legt.
Projektdetails
Im Kontext der gegenwärtigen interkulturellen wie interreligiösen Spannungen und Verständigungsprozesse gewinnt diese Linie zunehmend an Bedeutung und prägt mittlerweile die Mehrheit der theologischen Lehrstühle Deutschlands; so auch in Bonn, obwohl diese Fakultät zugleich bleibend und völlig zu Recht mit dem Namen Karl Barths verbunden bleiben wird. Zu den bedeutendsten Forschungsergebnissen der liberalen Tradition zählen die extensive Auseinandersetzung mit dem Religions- und Kulturbegriff sowie die Bedeutung der Medialität (z.B. Symbol, Metapher, Bild, Narration, Interpretation, Deutung etc.), wobei die Forschung in Deutschland allerdings über weite Teile einer traditionsverbundenen, zuweilen gar ins Hagiographische tendierenden Historisierung verhaftet bleibt. Das Potential für eine explizit – so auch von Barth geforderte – theologische Gestaltung der Theologie selbst wie die Frage nach Ausdruck bzw. neuen Ausdrucksformen gegenwärtiger liberaler religiöser Frömmigkeit ist hingegen noch wenig ausgeschöpft, zumindest solange sie nicht in der Ästhetik aufgeht. Diese Frage ist jedoch von höchster Bedeutung, denn nur eine aufgeklärte und der allgemeinen Kultur zugewandte liberale (oder auch unter neuem Namen zu findende!) Frömmigkeit schützt vor einer fundamentalistischen Instrumentalisierung religiöser Vorstellungen.
Perspektivisch ließe sich die Frage nach Liberalität (bzw. einem möglicherweise neu zu bestimmenden "Arbeitstitel") und Frömmigkeit – u.a. im Kontext des Programms einer Theorie des Christentums – zu einem größeren Projekt ausbauen, zumal sich die Problematik keineswegs auf den Protestantismus beschränkt, sondern in konfessioneller und religiöser Variation ebenso für die katholische Tradition wie für den Islam gilt. Zudem ist die aktuelle Frage nach der Medialität bzw. medialen Transformation religiöser Gehalte, Vollzüge und Strukturen, wegweisend für Wahrnehmung, Analyse und zeitgemäße Orientierung religiöser Vorstellungen. In jedem Fall aber ist auch solch eine Theorie des Christentums nur im Sinne einer Theologie in existentieller, lebensnaher Dringlichkeit zu verstehen.
(Details siehe Qualifikationsprojekte)
- Matthew Ryan Robinson, Ph.D.: The Be.Friend Projekt
- Katharina Opalka: Narrativität und Performanz der Demut. Metatheoretische Reflexionen zur Funktionalität anhand einer Relecture der Theologie Albrecht Ritschls
- Ann-Kathrin Armbruster: Philipp Melanchthons theologische Anthropologie. Ein Beitrag zur Tugendethik
- Daniel Rossa: Leere voller Gott – Die Fruchtbarkeit negativer Theologie für die Dogmatik
Hermeneutik: Wahrheit und Fiktion
Verbundprojekt im Aufbau des Instituts für Hermeneutik im Rahmen von Transdisciplinary Research Area "Individuen, Institutionen und Gesellschaften".
Semantisierung in Zukunftsdiskursen
Agency und Integrität angesichts der großen Herausforderungen. In Zusammenarbeit mit der Transdisciplinary Research Area "Individuen, Institutionen und Gesellschaften" der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.
Koordination: Rasmus Wittekind
Versöhnung
Verbundprojekt im Aufbau im Rahmen von Transdisciplinary Research Area "Individuen, Institutionen und Gesellschaften".
Qualifikationsprojekte
Lernen Sie die Habilitations- und Dissertationsprojekte kennen, an denen im Bereich Systematische Theologie und Hermeneutik derzeit gearbeitet wird. Auch kürzlich abgeschlossene Projekte finden Sie in der folgenden Übersicht.
Qualifikationsprojekte des Bereichs Systematische Theologie und Hermeneutik
Habilitationsprojekt von Dr. Katharina Opalka
Promotionsprojekt von Thorben Alles (eingereicht am 23.09.2024)
Das Projekt verfolgt das Ziel, fundamentaltheologische Konsequenzen aus einer Beschreibung theologischer Begründungen zu erarbeiten.
Promotionsprojekt von Ann-Kathrin Armbruster
In meiner Dissertation gehe ich der Frage nach, welche Rolle bildhafte Rede, Bilder und Narrationen zu materialdogmatischen Topoi im Aneignungsprozess der Inhalte spielen. Anhand der Rezeptionsgeschichte der Ovidischen Medea problematisiere ich hierfür zunächst, wie einseitig-reduktionistische Lesarten hermeneutische Prozesse in ihrer Multidimensionalität verhindern. Über eine theoretische Klärung des Figurationsbegriffs nähere ich mich der These, dass Hermeneutische Figurationen als Prozesse zwischen Rezipient:in und Text und/oder Bild im Rahmen anthropologischer Kategorien beschrieben werden können und dies in methodischer Hinsicht ein Verständnis von Aneignungsprozessen unterstützt.
Philipp Melanchthon eignet sich hierfür als Referenz, da seine Werke sich durch eine enge Verflechtung von Methodologie, Methodik, Materialdogmatik und Praxisbezug auszeichnen, wenn auch unter dem Vorzeichen einer vorkritischen Theologie. Damit eignen sich seine Werke sowohl für theoretische Überlegungen wie auch die Analyse eines Versuchs der Umsetzung der oben genannten Fragestellung.
Promotionsprojekt von Anne-Kristin Dillmann (Universität Köln)
Die Frage nach dem Glück begegnet Schülerinnen und Schülern häufig zunächst im Zusammenhang mit Spaß, der für sie greifbarer und leichter zugänglich erscheint. Spätestens in Krisensituationen jedoch gelangt das Konzept des Spaßes bzw. des momenthaften Glücks an seine Grenzen. Hier bedarf es eines umfassenderen Konzepts des Glücks, das auch das Unglück miteinschließt, das Gefühl von Sinnhaftigkeit auch in der Krise ermöglicht. Auch wenn die Theologie in ihrer Geschichte häufig zurecht darauf verwiesen hat, dass Glück im Sinne einer lustvollen "spaßigen" Erfahrung nicht den Kern eines christlichen Glücksverständnisses treffen kann, so kann sie dennoch einen relevanten Beitrag zur Frage nach dem Glück leisten (vgl. Lauster 2004).
Die Arbeit möchte erproben, das spezifisch theologische Glück dabei von der christlichen Hoffnung her zu verstehen, die ganz im Sinne einer präsentischen Eschatologie verstanden (vgl. Moltmann 1964) lebensverändernd und lebensbejahend sein kann. Sie geht dabei noch über Augustins Ansatz hinaus, da sie annimmt, dass nicht in der augustinischen "Suche nach Gott", sondern in der Hoffnung der Zustand eines sinnhaften Glücks eintritt, das in der Glaubensgewissheit trotz des eschatologischen Vorbehalts bereits jetzt in umfassender Weise das Leben durchdringt. Auch wenn man von einer Teilhaftigkeit des Glücks sprechen kann, so ermöglicht diese dennoch als paradoxe Gewissheit eine Vollkommenheit des Glücks schon hier auf Erden.
Ein so verstandenes Glück erscheint deshalb als äußert relevant gerade für Schülerinnen und Schüler, weil es zum einen die Momenthaftigkeit des im Spaß empfundenen Glücks übersteigt und zum anderen ein Glück ist, das gerade nicht greifbar oder erlernbar ist, sondern sich ungeachtet möglichen Unglücks und der eigenen Fähigkeiten in der Hoffnung einstellt. Die geplante Dissertation möchte daher denkbare und aus Sicht der Theologie notwenige Konkretisierungen dieses spezifisch theologischen Glücks, das in der Hoffnung gründet, für den Religionsunterricht aufzeigen.
Promotionsprojekt von Erik Nau
Was ist eigentlich Postkonfessionalität?! -- Während bestehende Kirchen immer stärker kritisch angefragt werden und das Bewusstsein für konfessionelle Unterschiede allgemein abnimmt, lässt sich beobachten, dass Menschen ihre christliche Identität zunehmend weniger innerhalb abgesteckter konfessioneller Grenzen verorten. Teilweise lehnen sie konfessionelle Trennungen sogar prinzipiell ab und bezeichnen sich selbst als "postkonfessionell". Aus systematisch-theologischer Perspektive stellt sich daraufhin die Frage, wie diese Beobachtungen theologisch reflektiert werden, ob die Kategorie "Konfession" ekklesiologisch vielleicht neu gedacht werden und was das für ein aktualisiertes Kirchenbild bedeuten könnte. Neben Definitionsversuchen in Bezug auf den relativ neuen Postkonfessionalitätsbegriff beschäftige ich mich am Anfang meines Promotionsprojekts mit Arbeitsfragen wie "Auf welche Weise ließe sich Kirche jenseits von Konfessionen denken?" oder "Welchen Einfluss auf aktuelle Ekklesiologien hätte die Relativierung konfessioneller Kategorisierungen?". Dafür wähle ich bewusst einen systematisch-theologischen Zugang mit Fokus auf Ekklesiologie, der vor allem durch kirchentheoretische und ökumenische Perspektiven bereichert wird.
Promotionsprojekt von Daniel Rossa
Das Promotionsprojekt setzt sich in einem ersten Teil mit dem Begriff der Negativen Theologie, dessen Abgrenzung zu anderen Bezeichnungen gleicher oder ähnlicher theologischer bzw. religiöser Richtungen, Text- und Phänomenbestände sowie mit der historischen und gegenwärtigen Vielfalt und Unschärfe seiner Verwendung insbesondere in Programmen Negativer Theologie auseinander. Die hieraus gewonnene, sich historisch-deskriptiv andeutende Anreicherung des Phänomenbestands und Begriffs soll dabei nicht normativ abgeblendet werden, sondern zu einer auf bisherige Ordnungsversuche zurückgreifende Typologie Negativer Theologien im Sinne der Aspektierung ihres Programms führen, sodass innerhalb der so entstehenden Typologie verschiedene auch neue Ansätze verorten lassen.
Ein zweiter Teil untersucht exemplarisch die Negative Theologie im Werk Gregors von Nyssa und weist dabei die integrative Kraft seiner Theologie in Hinblick auf die verschiedenen, in Teil I aufgezeigten Aspekte Negativer Theologie auf, die sich auch daraus speist, dass Gregor der „klassischen“ Wirkungsgeschichte Negativer Theologie bis ins 20. Jahrhundert enthoben blieb, was hilft, normative Engführungen des Verständnisses Negativer Theologie, wie sie sich bisher insbesondere in der protestantischen Rezeption Negativer Theologie finden, zu öffnen. Dazu unternimmt dieser Teil eine Relecture Gregors im Sinne einer gegenwartsinteressierten Deutung, die es vermag, Motive vermeintlich erst in der Neuzeit entwickelter negativ-theologischer Zugänge bereits als Spuren in Gregors Werk angedeutet zu finden. Besonderes Augenmerk wird bei dieser Untersuchung weniger auf die Markierung Negativer Theologie in den theologisch-philosophischen Werken und Schriftauslegungen Gregors gelegt, die innerhalb des Forschungsdiskurses zu Gregor bereits gut gesichert sind. Stattdessen wird ausgehend von Diskursbeiträgen zu Gregor und mit Blick insbesondere auf eine Gruppe seiner Predigten der Zusammenhang von Negativer Theologie und ästhetischer Gestaltung in Gregors gottesdienstlicher (und literarischer) Inszenierung als Konsequenz und eigenständige Gestalt(ung) Negativer Theologie herausgearbeitet.
Ein dritter Teil zieht Konsequenzen aus den Teilen I und II für die Möglichkeit der Konzeption eines negativ-theologischen Programms im Sinne einer Negativen Theologie ästhetischer Gestalt(ung), indem es Einsichten aus Teil I und II mit An- und Einsichten gegenwärtiger (praktisch-)theologischer Diskurse zu Gottesdienst, Kirchenraum und Ästhetik und konkreten Beispielen aus Kirche und Kunst ins Gespräch bringt.